Bauzinsenentwicklung 2. Halbjahr 2023: Die Bauzinsen-Prognose unseres Experten

  • Werden die Bauzinsen im 2. Halbjahr 2023 weiter ansteigen? Alexander Naumann, Leiter des 1822direkt Immobiliencenters, im Interview über die wahrscheinliche Bauzinsenentwicklung.

  • Wie wirkt sich die aktuelle Situation auf die Immobilienpreise im 2. Halbjahr 2023 aus?

  • Was bedeutet die Entwicklung für Ihren Traum vom Eigenheim?

Inhalt

    1. Frage: Die Bauzinsen haben nach ihrem rasanten Anstieg 2022 im ersten Halbjahr eine Verschnaufpause auf hohem Niveau eingelegt und sich in einem breiten Seitwärtstrendkanal bewegt. Wie geht es im zweiten Halbjahr weiter?

    Naumann: Wir erwarten keine große Veränderung im zweiten Halbjahr 2023. Die Bauzinsen werden sich voraussichtlich weiterhin in einem Korridor zwischen 3,5 und 4,5 Prozent bewegen. Die Straffung der Geldpolitik mit der Steigerung der Leitzinsen durch die Europäische Zentralbank (EZB) hat Wirkung gezeigt. Die Konjunktur ist abgebremst und teilweise auf Rezessionskurs. Die Inflation ist rückläufig, jedoch noch weit von ihrem Zielkurs von maximal 2 Prozent entfernt. Insofern wird damit gerechnet, dass die EZB ihren Kurs nicht ändern wird. Vielmehr hat die Notenbank-Präsidentin Christine Lagarde betont, dass der Zinsgipfel für die Leitzinsen noch nicht erreicht sei. Wir dürften uns diesem Gipfel jedoch zunehmend annähern.

    2. Frage: Auf welches Zinsniveau müssen sich Häuslebauer im nächsten Jahr einstellen?

    Naumann: Am grundlegenden Seitwärtstrend wird sich wenig ändern. Es kann sogar mit leicht zurückgehenden langfristigen Zinsen gerechnet werden, die die Inversion der Zinsstruktur noch weiter verstärken. Zwei Aspekte lassen sich daraus für den privaten Kreditnehmer ableiten:

    1. Bei einer inversen Zinsstruktur sind die kurzfristigen Zinsen höher als langfristige Zinsen. Deswegen können längere Zinsbindungen eingegangen werden. Die Zinsen für Darlehen mit Festschreibungen über 10 oder 15 Jahre sind teilweise niedriger als für 5 Jahre. Bei 15 Jahren besteht zudem die Möglichkeit, bereits nach 10 Jahren zu kündigen und neu abzuschließen.
    2. Die Hypothekenzinsen sind kein Grund, einen leistbaren Kauf zu verschieben, denn bei fallenden Zinsen könnten die Immobilienpreise wieder steigen. Wenn die Zinsen umgekehrt steigen sollten, könnten gegebenenfalls die monatlichen Belastungen nicht mehr getragen werden. Ein verändertes Zinsniveau muss mithin nicht von Vorteil sein.

    3. Frage: Wie werden sich die Immobilienpreise und Mieten kurz- bis mittelfristig entwickeln?

    Naumann: Im Durchschnitt sind die Immobilienpreise zum Teil deutlich gesunken. Der Durchschnitt spiegelt jedoch kein gutes Bild wider, da die Entwicklung sehr heterogen ist. Neben fallenden Preisen sind ebenso gleichbleibende und steigende Tendenzen vorzufinden. Woran liegt das? Die Binsenweisheit – der Wert einer Immobilie wird von drei Faktoren bestimmt, nämlich der Lage, der Lage und der Lage – gilt so nicht mehr. Energieeffizienz und eine gute Aufteilung der Wohnfläche finden immer mehr Berücksichtigung. Das wird sich in der Zukunft noch verstärken. Deswegen kann Immobilien in guter Lage, mit einem guten Schnitt und bester Energieeffizienz eine gute Preisentwicklung prognostiziert werden und umgekehrt. Vor allem der Energieverbrauch wird mehr und mehr in den Vordergrund rücken. Zum einen wird dies verursacht durch die steigenden Energiepreise, andererseits durch die zu erwartende Verschärfung der gesetzlichen Bestimmungen zur Sanierung von Wohnimmobilien. So verzeichnen Objekte in den schlechtesten Energieeffizienzklassen die höchsten Preisnachlässe. Für Kreditnehmer bedeutet das beim Kauf, nicht nur den derzeitigen Preis im Blick zu haben, sondern zu berücksichtigen, welche Sanierungskosten auf den Eigentümer zukommen könnten. Mit einem erstellten Sanierungsfahrplan kann so unter Umständen noch einmal mit dem Verkäufer nachverhandelt werden.

    Wir erleben eine Phase, in der der Begriff Betongold nicht mehr zutreffend ist. Galt die Immobilie lange als guter Inflationsschutz, liegt die Wertentwicklung selbst bei guten Immobilien nicht auf dem Niveau der Inflation. Verkäufer sollten dennoch nicht weiter abwarten. Über einen Zeitraum von zehn Jahren dürften die meisten noch sehr, sehr gut an ihrem Investment verdient haben, selbst wenn die Preisentwicklung sich umgekehrt hat. In der Zukunft dürfte es durch die Sanierungserfordernisse nicht einfacher werden, seine Preisvorstellungen durchzusetzen.

    Insgesamt muss bei der Preisentwicklung berücksichtigt werden, dass das Transaktionsvolumen weit über 50 Prozent eingebrochen ist. So kann es sein, dass regionale Tendenzen nur auf Basis weniger Käufe ermittelt wurden. Umso schwieriger ist es, in einem abwartenden Markt mit wenig Bewegung den „richtigen“ Preis zu finden.

    Die Einschätzung des Mietmarktes ist einfacher, jedoch deswegen nicht erfreulicher. In den nächsten Jahren wird mit einem weiteren Bevölkerungszuwachs gerechnet. Gleichzeitig ist der Neubau fast zum Erliegen gekommen. Wenn die Nachfrage größer als das Angebot ist, steigt der Preis. Die Entwicklung ist eigentlich viel dramatischer als bei den Immobilienpreisen. Sie wird nur nicht so wahrgenommen, weil bei Bestandsmieten die Erhöhungen nicht so durchgesetzt werden können. Bei Neuvermietungen sind dagegen schon große Sprünge zu beobachten. Die Situation verschärft sich noch durch den sogenannten Lock-in-Effekt. Für viele Mieter ist die Wohnung oder das Haus eigentlich zu groß. Nur die neue kleinere Wohnung kostet mehr Miete als die alte. Durch den Preis sind sie quasi in ihren alten vier Wänden eingeschlossen (locked in). Diese zu viel belegten Quadratmeter werden damit dem Markt entzogen, was zusätzlich zu einer Angebotsverknappung führt.

    4. Frage: Was raten Sie Familien, die ihren Traum von den eigenen vier Wänden wegen des deutlich gestiegenen Zinsniveaus erst einmal auf Eis legen mussten?

    Naumann: Die Zunahme der monatlichen Belastung ist vor allem durch die gestiegenen Haushaltskosten verursacht worden. Wenn jetzt wirklich schon alle Fördermöglichkeiten mit eingerechnet worden sind, gibt es im Prinzip nur zwei Alternativen:

    1. Abwarten und die Zeit nutzen, noch mehr Eigenkapital anzusparen.
    2. Faktoren zu ändern, die den Preis der Immobilie beeinflussen. Das heißt, andere Stadtteile oder Regionen prüfen oder nach Objekten mit weniger Quadratmetern suchen. Mit dem Immowert- und Budgetrechner der 1822direkt kann das sogar bequem von zu Hause aus erfolgen.

    5. Frage: Die Reform des Gebäudeenergiegesetzes wurde in den vergangenen Wochen heftig diskutiert. Spätestens im Jahr 2045 müssen aber ohnehin alle Immobilien in Deutschland klimaneutral sein. Wie sollten Besitzer von unsanierten Altbauten hier am besten vorgehen? Einen Sanierungsplan in Etappen entwerfen oder, wenn finanziell möglich, gleich eine Komplettsanierung angehen?

    Naumann: So wichtig das Thema ist, so intransparent ist es für die meisten Immobilienbesitzer. Schritt für Schritt kann sich jedoch ein besserer Durchblick verschafft werden:

    1. Übersicht verschaffen und sich einen Sanierungsfahrplan von einem Kreditinstitut, einem Energieberater oder einem Handwerker erstellen lassen. Wer es sich zutraut, im Internet sind viele gute Rechner zu finden, mit denen gleichwertige Ergebnisse erzielt werden können.
    2. Finanzierung und Fördermöglichkeiten grundsätzlich klären.
    3. Reihenfolge der notwendigen Sanierungen hinsichtlich Wirkung und Zweckmäßigkeit festlegen. Hier gilt es zu prüfen, ob erst die neue Heizung eingebaut und erst später gedämmt wird oder nicht eher umgekehrt. Welche Sanierungen haben die größte Wirkung auf den Energieverbrauch etc.
    4. Konkrete Angebote bei Handwerkern einholen.
    5. Finanzierung und Fördermöglichkeiten sichern.
    6. Handwerker beauftragen und mit der Sanierung starten.

    Handwerker für energieeffiziente Sanierungen sind weiter stark nachgefragt, sodass es für den Eigennutzer einfacher ist, in Etappen alles vorzunehmen. Wenn ich meine Immobilie verkaufen will, können die Abschläge gegebenenfalls durch eine Komplettsanierung vermieden und ein besserer Preis erzielt werden.

    6. Frage: Was raten Sie Kreditnehmern, deren Baufinanzierung in zwei oder drei Jahren ausläuft: Sollte man sich das aktuelle Zinsniveau jetzt mit einem Forward-Darlehen sichern?

    Naumann: Ob ein Forward-Darlehen abgeschlossen werden sollte, ist und bleibt die Entscheidung des Kreditnehmers in Abhängigkeit seiner Einschätzung des Marktes. Zurzeit werden sehr wenige Kredite dieser Art abgeschlossen. Denn vor dem Hintergrund zu erwartender leicht rückläufiger langfristiger Zinsen, müssten die Forwardaufschläge eigentlich negativ sein, was im Wettbewerb so nicht vorzufinden ist. Insofern gilt es zu prüfen, welches Risiko eingegangen werden soll, dass sich die Zinsen doch noch weiter nach oben bewegen und sich die Baufinanzierung bei einem vorzeitigen Abschluss möglicherweise verteuert.

    7. Frage: Welche Tipps haben Sie für Kreditnehmer, damit die Finanzierung auf sicheren Beinen steht?

    Naumann: Eine gute Kalkulation der Tragfähigkeit ist das A und O einer soliden Finanzierung. Zu berücksichtigen ist:

    1. Alle Nebenkosten sind mit einzuplanen. Sie umfassen die direkten wie Notargebühren, Grunderwerbsteuer, Maklergebühr und Grundbuchkosten sowie die indirekten mit Umzug, Renovierung, neue Möbel etc.
    2. Kapitalpuffer für unvorhergesehene Ereignisse wie beispielsweise neue Waschmaschine, Auto etc.
    3. Unterhalt der Immobilie, das heißt, die laufenden Kosten und Rücklagen für künftige Modernisierungen oder Sanierungen sollten eingerechnet werden.
    4. Bei der Absicherung dürfen mögliche Elementarschäden nicht vergessen werden. Durch den Klimawandel sind die Gefahren durch Wasser, Sturm oder Hitze immer wahrscheinlicher geworden. Sie können nicht nur Schäden anrichten, sondern den Bestand der gesamten Immobilie gefährden.
    5. Die Laufzeit des Kredits endet nicht mit dem Ende der Zinsbindung, sondern beträgt meist 20 bis 30 Jahre. Die Tragfähigkeit ist über die gesamte Laufzeit zu gewährleisten, sodass Einkommensschwankungen beispielsweise durch Rente, Sabbaticals oder Elternteilzeit einzukalkulieren sind. Auf der anderen Seite können die Kosten zum Beispiel durch höhere Zinsen steigen. In verschiedenen Szenarien lässt sich das gut durchspielen.

    Fazit: Der Kauf einer Immobilie ist eine emotionale Angelegenheit. Die Finanzierung am besten mit einem objektiven Sparringspartner durchsprechen. Her bietet sich natürlich der Kreditgeber in erster Linie an.

    8. Frage: Wie viel Vorlaufzeit sollten Kreditnehmer derzeit bei einem Neubau einplanen, um bei möglichen Verzögerungen am Bau keine Bereitstellungszinsen zu zahlen?

    Naumann: Aktuelle Neubauten dürften die Rohstoffsituation schon antizipiert und in ihrer zeitlichen Planung berücksichtigt haben. Eine Eigenkapitalreserve in Höhe von 5 bis 10 Prozent des Kaufpreises könnte dennoch empfehlenswert sein, um für mögliche Risiken durch zeitliche Verzögerungen gewappnet zu sein.

    Was weitere Experten prognostizieren, können Sie dem Bauzinsen-Ausblick von Biallo für das Jahr 2023 entnehmen

    Unser Tipp: Sie besitzen ein Haus oder planen den Erwerb einer Immobilie?

    Wenn Sie gerade eine Immobilie oder sogar eine Baufinanzierung suchen oder Ihr aktuelles Immobiliendarlehen demnächst zur Verlängerung ansteht, dann kümmern Sie sich am besten rechtzeitig darum. Denn nachher heißt es schnell sein. Wir helfen Ihnen gerne dabei.

    Ihr Startpunkt: Der 1822direkt Baufinanzierungsrechner

    Dort benötigen Sie lediglich drei Angaben: Kaufpreis, Eigenkapital und Postleizahl Ihrer Traumimmobilie. Mit einem Klick bekommen Sie somit einen Überblick über die monatliche Rate und können anschließend die Beratung unserer Baufinanzierungsexperten anfordern.

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